Der Rio Karma als Wegbereiter
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Die Firma Rio brachte nach einigen anderen Audio-Playern im Jahr 2003 den
Player Karma mit einer 20-GByte-Festplatte heraus.
Dieser extrem handliche Spieler hatte in Grundzügen bereits dieselbe
Bedienoberfläche wie der spätere Vibez von TrekStor,
dazu die gleichen Software-Merkmale wie nachfolgend beschrieben. Mit diesem
Gerät endete jedoch die Marktpräsenz der Marke Rio. Viele
trauern dem Karma noch heute nach.
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Die lange Geburt und das kurze Leben des Vibez
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Die deutsche Firma TrekStor hatte bereits zahlreiche Player mit
Flash-Speicher vorgestellt und zwischenzeitlich die Rechte für das
Karma-Konzept übernommen. Im Jahr 2006 brachte sie den Player
Vibez mit einem
innovativen Speicherelement heraus, auf das ich später noch eingehen werde.
Das extravagante Design des Gerätes hatte die Münchener Firma
HYVE
entworfen; dafür heimste der Vibez dann auch den
red dot Designpreis 2007 ein. Der Speicherumfang betrug 8 oder
12 GByte; die anfangs beworbenen 15 GByte kamen jedoch nie. Zur
Funkausstellung IFA 2006 wurde auch eine Docking Station mit drahtloser
Fernbedienung vorgestellt. Diese war aber lange Zeit nicht erhältlich; als
sie dann im Frühjahr 2008 endlich zu haben war, nahm ich davon Abstand,
weil ich von Berichten über schlechte Verarbeitung und
Geräteschäden durch elektrostatische Überschläge
abgeschreckt worden war. Angekündigt war ebenfalls ein alternativ zum
FM-Tuner einsetzbares Modul für Video-Wiedergabe, das nie das Licht der
Welt erblickte. Angesichts der winzigen Displaygröße war das wohl
auch besser so.
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Auf der IFA 2007 gab es einen »Skandal« : Die Firma Star Glory Ltd.
aus Hongkong zeigte den MP3-Player Tribez, der
verblüffende Ähnlichkeit mit dem Vibez aufwies. Gil
Szmigiel, technischer Leiter von TrekStor, stürmte medienwirksam
den Messestand der Firma, um dort ein Vertriebsverbot zu erwirken und den Vorwurf
des Plagiats anzumelden. Sieht man sich den Player einmal an, ist die
Ähnlichkeit zwar augenscheinlich, aber hier von einem Skandal zu sprechen
scheint mir etwas übertrieben. Es sieht eher so aus, als wollte man bewusst
die Gelegenheit nutzen, um den Vibez in den Medien zu präsentieren.
Wenn es wenigstens etwas genützt hätte der Player wurde in
Südamerika unter der Marke Prâctika weiter
angeboten.
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Zur IFA 2008 stellte TrekStor den Vibez F mit Flash-Speicher
von 4 oder 8 GByte vor. Diese Geräte waren zwar vereinzelt im Handel
erhältlich, wurden aber nicht in größerer Anzahl verkauft. Im
Frühjahr 2009 gab TrekStor dann in einer E-Mail-Nachricht das Ende der Vibez-Ära bekannt mit der
Begründung, dass ein wichtiges Bauteil nicht mehr erhältlich
wäre. Wegen der herausragenden Qualitäten des Vibez wurde diese
Entscheidung von den »Kennern« sehr bedauert. Nicht zu verleugnen ist,
dass der allgemeine Trend schon damals eindeutig in Richtung Multimedia-Player
ging, und dass die Perspektive für reine Audio-Player nicht mehr
aussichtsreich war. Und doch kamen inzwischen High-End-Audio-Player wie der
AK100 von Astell+Kern auf den Markt, mit denen ein weiterentwickelter
Vibez durchaus hätte mithalten können. Die deutschen Hersteller
sind einfach zu saumselig für anhaltend gute Elektronikprodukte.
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Bedienelemente und Bedienung
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Neben der oberen Rundung des Display-Fensters fallen sofort die einzigen
Bedienelemente des Vibez ins Auge: die dreieckige Tastenfläche
rechts unterhalb des Displays und die runde Drehscheibe, das sog. Scrollrad.
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Mit der Tastenfläche wird das Gerät ein- und ausgeschaltet. Hierbei
zeigt sich, dass der Vibez konzeptionell ein echter kleiner Computer ist:
Beim Einschalten wird er »hochgefahren«, vor dem Ausschalten wieder
»heruntergefahren«. Wie bei einem PC erfolgt während des
»Hochfahrens« ein kurzer Selbsttest der internen Gerätefunktionen
sowie eine Integritätsprüfung des Dateisystems und der Datenbank.
Werden Unregelmäßigkeiten oder Inkonsistenzen festgestellt, erfolgt
eine Bereinigung und Reorganisation. Besteht die Möglichkeit eines
Festplattendefekts, wird eine gründliche Prüfung der Festplatte
vorgenommen. Erst wenn alle Kontrollen erfolgreich verlaufen sind, geht das
Gerät in Normalbetrieb.
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Zum Ausschalten muss die Aus-Taste für einige Sekunden gedrückt
bleiben. Erst danach wird der laufende Betrieb unterbrochen, und die aktuellen
Einstelldaten werden auf die Festplatte geschrieben. Danach befindet sich der
Vibez für 15 Minuten in einem Energiesparmodus, aus dem er bei
erneutem Einschalten sofort betriebsbereit ist. Erst nach Ablauf dieser Zeit
wird das Gerät komplett »heruntergefahren« und muss nach dem
Einschalten »hochgefahren« werden.
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Mit den übrigen Tasten der Tastenfläche wird ausschließlich die
Lautstärke eingestellt. Das Scrollrad dient zum Einstellen
auswählbarer Parameter (Lautstärke, Abspielgeschwindigkeit, Position
im Musiktitel, Display-Helligkeit) sowie zur Navigation im Menü. Eine rote
Strichmarkierung am Außenrand kann wahlweise beleuchtet werden. Daneben
bietet das Scrollrad fünf Tastenpositionen: rechts, links, oben und unten
sowie in der Mitte. Die Tasten rechts und links wählen (kurz gedrückt)
den nächsten oder vorherigen Titel an oder ändern (bei längerem
Tastendruck) die Position im Musiktitel. Kurz gedrückt ruft die Taste oben
das Menü auf, die Taste unten startet und stoppt die Wiedergabe. Werden
diese Tasten länger gedrückt, wird jeweils eine frei konfigurierbare
Funktion ausgeführt, z. B. die Anzeige der Musikbibliothek oder des
Equalizers. Die zentrale Taste schaltet um zwischen Einzeltitel- und
Titelfolgenanzeige und dient zur Bestätigung von
Einstellungsänderungen. Drückt man die zentrale Taste zusammen mit der
Ein/Aus-Taste, werden die Bedienelemente verriegelt bzw. entriegelt.
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Wiedergabemodi
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Der Vibez ist zwar ein reiner Audio-Player, aber das kann er richtig gut.
Mit einer komfortablen Suchfunktion lassen sich Musiktitel schnell auffinden:
durch Auswahl von Interpret, Album, Genre oder Jahr vorausgesetzt, die
ID3-Daten wurden korrekt befüllt. Andernfalls findet man einen Titel auch
direkt über den Dateinamen und den Ordner. Weiter bietet der Player viele
Möglichkeiten zur schnellen Erstellung von Wiedergabelisten, abgespeichert
oder ad-hoc.
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Dank seiner großzügigen Prozessorleistung schafft er das, was die
wenigsten Audio-Player leisten können: die lückenlose
Wiedergabe von
Musiktiteln, das sog. Gapless Playback , was besonders bei Live-Konzerten mit
einzelnen Tracks sehr angenehm ist. Wer es mag, kann auch Titel mit
wählbarer Dauer ineinander überblenden lassen (Crossfade). Weil der
Player über die Wiedergabe aller Titel Buch führt, sind auch
statistisch abgeleitete Abspielmodi möglich: oft oder selten gehörte
Titel, neue oder schon länger nicht gehörte Titel usw. Nach dem Aus-
und wieder Einschalten spielt der Player je nach Konfiguration den zuletzt
gewählten Titel von der letzten Position weiter ab (Resume-Funktion).
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LC-Display und Benutzerführung
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Zugegeben, das farbige Anzeigefeld ist recht klein ausgefallen. Trotzdem bietet
es für die jeweilige Bedienaufgabe eine ausreichende Menge an Informationen
übersichtlich an. Die grafische Oberfläche ist logisch strukturiert
und auch ohne Anleitung leicht verständlich. Während der Wiedergabe
können animierte VU-Meter angezeigt werden. Die Displayhelligkeit ist in
fünf Stufen wählbar; Stufe 3 reicht meistens aus. Bei
abgeschalteter Beleuchtung ist das Display im Umgebungslicht ablesbar, wenn
auch nicht besonders gut.
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Der Player bietet auch eine Funktion zur Bildanzeige mit 65.536 Farben. Diese
kann zur Darstellung des Coverbildes zum abgespielten Titel oder
eigenständig für Fotowiedergabe verwendet werden. Auch wenn die Farben
erstaunlich brillant wiedergegeben werden, setzt die Anzeigegröße
hier schnell Grenzen.
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Transfer der Musikstücke in den Player
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Über die USB-Schnittstelle kann der Vibez an jeden Computer ab
Windows 98 angeschlossen werden. Dabei wird das Gerät als normaler
Datenspeicher erkannt; über den Windows-Explorer lassen sich die
Musikdateien problemlos und relativ schnell zum Player hin und zurück
transferieren. Ein proprietäres Datenübertragungsprogramm wie
iTunes ist nicht erforderlich.
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Neben der Funktion als Audio-Player kann der Vibez auch einfach als
USB-Datenspeicher verwendet werden. Angesichts des geringen Preises für
Flash-Speicher wäre das jedoch Verschwendung.
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Equalizer
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Neben der linearen Musikwiedergabe bietet der Vibez viele
Möglichkeiten zur Klangbeeinflussung. Man kann eine einfache Höhen-
und Tiefenkorrektur vornehmen oder das Klangbild über einen parametrischen
5-Band-Entzerrer verändern. So lassen sich neben den üblichen
Genre-spezifischen Klangbild-Vorgaben (Pop, Rock, Klassik, Jazz usw.) beliebig
viele auf die verwendeten Kopfhörer abgestimmte Entzerrungen vornehmen und
abspeichern. Meine favorisierten Einstellungen sind so gewählt, dass mit
dem jeweiligen Kopfhörer eine passende Korrektur zu einem ausgewogenen
Klangbild führt. Dieses kann ich dann noch nach Bedarf den aktuellen
Bedürfnissen anpassen. Mal ehrlich, welcher Player bietet schon derart
vielfältige Möglichkeiten?
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Audio-Formate
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Es können Audio-Tracks in den Formaten MP3, WMA, Ogg-Vorbis, FLAC und WAV
wiedergegeben werden. Die WMA-Formate können mit oder ohne Digitales
Rechte-Management (DRM) codiert sein. Die Formate FLAC und WAV bieten eine
verlustfreie Wiedergabe mit 16 Bit Auflösung und bis zu 48 kHz
Abtastfrequenz.
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Tonaufnahme
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Schließt man an die Kopfhörerbuchse ein Mikrofon oder eine andere
Signalquelle an, ist eine direkte Tonaufnahme im Format WAV möglich.
Daneben ist ein Mikrofon eingebaut, mit dem der Betrieb als Diktiergerät
angeboten wird.
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Gehäuse:
Die obere Seite des Players ist mit einem Strukturlack beschichtet. Dieser
wirkte in den ersten Jahren nach dem Kauf matt und edel, aber nach einiger Zeit
tritt der Weichmacher aus dieser Beschichtung aus, was zu einem klebrigen
Schmierfilm und zu einer unattraktiven Oberfläche führt. Die
Unterseite besteht aus einer hochglanzpolierten Edelstahl-Schale, die
Fingerabdrücke und Kratzer magnetisch anzieht. Dafür ist sie
wenigstens robust und werthaltig.
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Bedienelemente:
Viele Anwender beklagten sich über die unpräzise Funktion des
Scrollrades. Hier scheinen Fertigungstoleranzen der Grund zu sein; auch bei mir
kommt es vor, dass ein Tastendruck an diesem Bauteil nicht erkannt wird. Wer die
Touchscreen-artige Bedienung des iPod gewöhnt ist, wird wohl jedes
mechanische Bedienelement bemängeln.
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Die Verriegelung durch Drücken von zentraler Scrollrad-Taste zusammen mit
der Ein/Aus-Taste ist wenig intuitiv und etwas unhandlich. Auch lässt sich
das Gerät leicht versehentlich einschalten, wenn man mit der Ein/Aus-Taste
irgendwo anstößt. Wird dann noch die Musikwiedergabe gestartet, ist
der Akku bald unbemerkt entladen.
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Speicherelement:
Mein erster Vibez fiel schon nach wenigen Wochen wegen eines
Festplattendefekts aus und wurde anstandslos umgetauscht. Das
Austauschgerät und alle weiteren Vibez machten dagegen keine
Probleme. Die tägliche Fahrt mit Bahn und Bus über holprige
Straßen bringt den Player nicht aus dem Tritt, und auch Stürze hat
die Festplatte unbeschadet überlebt.
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Stromversorgung:
Die Kapazität des Li-Ion-Akkus lässt naturgemäß mit der
Zeit nach. Aber auch nach 10 Jahren regelmäßiger Nutzung ist die
erzielbare Betriebsdauer noch im akzeptablen Bereich. Sollte der Akku jedoch
einmal nicht mehr funktionieren, sieht es schlecht aus für ein Ersatzteil.
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Mit der Zeit erhöht sich auch der Innenwiderstand des Akkus, d. h.
die Belastbarkeit geht zurück. Bei niedrigem Ladezustand erscheint dann
nach dem Drücken der Ein/Aus-Taste kurz das Vibez-Logo, danach wird
ein Batterieladesymbol angezeigt und der Player schaltet sich wieder ab.
Schließt man nun den Player an eine externe Stromversorgung an, scheint
er zwar normal zu starten, aber tatsächlich friert die Anzeige ein und das
Gerät reagiert nicht mehr. Nun kann man nur noch das Gehäuse
öffnen, den winzigen Reset-Taster betätigen und kurzzeitig den Akku
herausnehmen. Nach dem Wiedereinsetzen des Akkus, Schließen des
Gehäuses und Anschluss an die externe Stromversorgung startet der Player
und geht direkt in den Lademodus. Vermeiden kann man diese Prozedur, indem man
den Player für 15 Minuten ausgeschaltet lässt und danach an die
externe Stromversorgung anschließt. Dann geht der Player sofort korrekt
in den Lademodus.
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FM-Tuner:
Leider ist die Empfindlichkeit in geschlossenen Räumen nicht sehr hoch, so
dass der Empfang mehr oder weniger verrauscht ist. So macht die Bedienung dieses
Radios mehr Freude als der tatsächliche Radioempfang.
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Tonaufnahme:
Diese Funktionen haben sich in der Praxis nicht sonderlich bewährt. Eine
Diktierfunktion bietet heute fast jedes Handy oder Smartphone, und für
hochwertige Tonaufnahmen sollte man besser gleich einen dafür geeigneten
Digitalrecorder verwenden.
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