Olymp der Musikalben (Teil 2)
Im Internet gibt es Unmengen von mehr oder weniger klugen und ausführlichen Stellungnahmen zu allen existierenden Musikalben. Daher beschränke ich die folgenden Beschreibungen auf mein persönliches Verhältnis zu den von mir unter dem Aspekt »Gesamtkunstwerke und Klassiker« ausgewählten Alben. Würde ich alle Alben auflisten, auf denen der eine oder andere gute Titel enthalten ist, würde ich nie fertig.
Stilrichtungen:
Art-Rock   Ambient / Alternative   Dance / Trance   J-Pop  
Progressive Rock   Jazz / Jazz-Rock   Klassik / E-Musik   Pop / Rock  
Pop / Rock
tapestry.jpg   Carole KingTapestry  (1971)
Dieses Album ist zweifellos ein Klassiker. Die Melodien der Stücke sind eingängig, die Texte sind begreifbar und trotzdem nicht zu trivial. Viele Titel wurden von anderen Interpreten nachgespielt, was ihre Zeitlosigkeit beweist. Meine persönlichen Favoriten sind You've Got A Friend, Will You Love Me Tomorrow und der Titelsong Tapestry.
Ich wurde auf dieses Album aufmerksam durch eine Vorstellung in der von mir damals sehr geschätzten Sendung Stereo-Pop des Bayerischen Rundfunks, in der jeweils ausgewählte Titel eines Albums präsentiert wurden. So habe ich auch viele weitere Interpreten kennen gelernt.
followme.jpg   Do (Dominique van Hulst)Follow Me  (2006)
Diese Musik erinnert mich an das Motto aus der Werbung für Batida de Côco: »Aufmachen. Einschenken. Tanzen.« Die Arrangements sind schlicht perfekt, und ich will gar nicht wissen, durch wieviele Kompressoren, Maximizer und Aural Exciter die Abmischung gejagt wurde, um so dermaßen knackig und gut zu klingen. Die (englischen) Texte sind leicht verständlich und unterhaltsam, und die seidige und bisweilen mächtige Stimme der Holländerin Do zieht den Zuhörer sofort in ihren Bann. Das ist ein typisches Beispiel für ein Album, das man von Anfang bis Ende durchhören möchte, um sich in eine angenehme Stimmung versetzen zu lassen.
rumours.jpg   Fleetwood MacRumours  (1977)
Es gibt wohl kaum einen Musikliebhaber, der dieses Album nicht kennt. Es markiert einen Höhepunkt in der Karriere von Fleetwood Mac. Jeder Titel ist ein Hit, und in jedem ist viel Herzblut enthalten, das von den Musikern direkt in den Zuhörer übergeht. Auch wenn man wie ich der Country-Atmosphäre eher kritisch gegenübersteht, kommt man an den Qualitäten dieses Albums nicht vorbei: Ist man fröhlich, wird man beim Zuhören nachdenklich; ist man traurig, findet man »Trost und Zuspruch«.
details.jpg   Frou FrouDetails  (2002)
Frou Frou sind Sängerin Imogen Heap und Mastermind Guy Sigsworth aus England. Der Stil der Musiktitel ist Folk-Pop mit Imogens charakteristischer hauchzarter Stimme. Die griffig arrangierten Kompositionen bestehen oft aus intelligent aneinander gereihten verwobenen Tonschleifen. Der Titel Let Go wurde für den Film Garden State verwendet und ist daher etwas bekannter geworden. Maddening Shroud ähnelt entfernt dem Titel Mahiru Ga Yuki aus Shounen Alice  von Maaya Sakamoto.
»What part of ›no‹ don’t you understand?«
dreamwvr.jpg   Gary WrightThe Dream Weaver  (1975)
Man verzeihe mir diese Wahl – ich weiß, es ist eine ziemlich schmalzige Soße. Obwohl es damals schon eine Weile im Umlauf war, versüßte mir dieses Album zum ersten Mal eine Autofahrt zu meiner Bundeswehr-Kaserne. So wurde diese Musik zum Synonym für eine entspannte »Ist ja alles halb so schlimm«-Atmosphäre. Bei genauerem Hinhören sind die Titel sehr intelligent und griffig arrangiert und enthalten manche Überraschung. David Foster ist halt auch ein erstklassiger Fender Rhodes-Keyboarder.
lamblies.jpg   GenesisThe Lamb Lies Down On Broadway  (1974)
Genesis kenne ich schon ebenso lange wie Yes, und von Anfang an faszinierte mich zusammen mit den klassischen Kompositionen die versponnene Lyrik über Sagen, Mythen und Märchen. Dieses Album markiert einen Meilenstein, weil es den Bogen von der urbanen Umgebung von New York zur Fantasiewelt spannt. Jedes Stück stellt eine Szene der Reise des Protagonisten Rael auf der Suche nach seinem Bruder (oder sich selbst) dar, und in jedem herrscht eine andere faszinierende Atmosphäre.
Das Album ist auch deshalb ein Meilenstein, weil darauf noch alle fünf Ur-Mitglieder von Genesis zusammen sind. Nach dem Weggang von Peter Gabriel und später auch Steve Hackett ging viel von dem früheren Zauber verloren.
3friends.jpg   Gentle GiantThree Friends  (1972)
Auch Gentle Giant kenne ich schon seit frühester Jugend. Dieses Album war eines meiner ersten, und die Genialität der Musiker und ihrer Kompositionen zog mich in ihren Bann. Three Friends ist wohl auch als Konzeptalbum zu bezeichnen, denn es beschreibt die Geschichte dreier Freunde von der Jugendzeit bis in das Berufsleben, wie sie sich allmählich auseinanderleben. Dieses Thema hat mich selbst oft beschäftigt, und so haben die Stücke für mich eine vielschichtige Bedeutung.
pwrglory.jpg   Gentle GiantThe Power And The Glory  (1974)
Ich bin ein heftiger Fan von Gentle Giant, und es fällt mir schwer, hierbei »beste« Alben auszuwählen. So gehe ich danach, welche Titel bei mir die bleibendsten Eindrücke hinterlassen haben, und auf diesem Album finde ich etliche davon, wie Proclamation, Aspirations, Cogs In Cogs oder The Face.
Die Tragik von Gentle Giant als selbst ernannter »Supergruppe« aus klassisch ausgebildeten Musikern besteht darin, dass die Kopflastigkeit ihrer Kompositionen nie wirkliche Hits möglich machte. Aber wer ihre Qualität nicht zu schätzen weiß, verdient es eben nicht besser.
gino_btb.jpg   Gino VannelliBrother To Brother  (1978)
Gino Vannelli wäre kein heißblütiger Italo-Amerikaner, wenn seine Musik nicht vor Liebes-Leidenschaft triefen würde. Immer hart am Rande der Trivialität, schafft er es trotzdem, auf diesem Album gute und soulgeladene Hits wie Appaloosa, I Just Wanna Stop oder Love & Emotion zu Stande zu bringen. Eine wichtige Rolle spielen sicher auch die hervorragend arrangierten Background Vocals.
Das druckvolle, manchmal fast überladene Schlagzeugspiel von Mark Craney, das zudem die Abmischung stark dominiert, hat mit dazu beigetragen, mein Interesse am Schlagzeugspiel zu wecken. Auch der Schlagzeugsound, der dem Hörempfinden jener Zeit entspricht, findet heute noch meine Begeisterung.
jmccurdy.jpg   Jennette McCurdyJennette McCurdy  (2012)
Teenie-Star Jennette McCurdy wurde bekannt durch einige TV-Jugendserien bei Nickelodeon; in iCarly spielte sie die aufsässige Samantha, in Victorious  hatte sie eine Nebenrolle als rotzfreche und durchtriebene Ponnie alias Fawn Leibowitz. Im Gegensatz dazu gibt sie auf ihrem Debüt-Album Papas kleinen Liebling und singt Pop-Balladen im Country- und Southern-Rock-Sound, die sie zum Teil selbst mit geschrieben hat. Sie hat eine ausgezeichnete geschmeidige Stimme, und ihre Musik – erstklassig produziert – erinnert mich bisweilen an Carole Kings Album Tapestry  . Es sind keine weltbewegenden Inhalte, aber eben das, was einem heranwachsenden Menschen durch den Kopf geht. In Generation Love singt sie: »They call us ›generation lost‹ or ›generation green‹ [...] or maybe they'll call us ›generation love‹.« Da wird einem doch richtig warm ums Herz...
Unverständlicher Weise fehlen auf diesem Album die Titel Homeless Heart und So Close, mit denen Jennette bereits 2009 als Sängerin bekannt wurde. Stilistisch und vom Sound her passen diese beiden Stücke hundertprozentig hier hinein. Homeless Heart ist eine Coverversion des Originals von der Kanadierin Amanda Stott aus dem Jahr 2005, jedoch einfühlsamer gesungen und packender produziert.
aqualung.jpg   Jethro TullAqualung  (1971)
Wer Fan von Genesis war, kam an Jethro Tull nicht vorbei, und doch gab es immer eine klare Grenzlinie: Den einen waren Jethro Tull nicht rockig genug, den anderen Genesis zu wenig folkig. Dieses Album enthält viele Klassiker wie Cross-eyed Mary, Mother Goose, Locomotive Breath oder eben den Titelsong Aqualung. Eine Erinnerung an meine Jugendzeit ohne Jethro Tull ist undenkbar, und dieses Album hat dabei seinen festen Platz. Wie bei Genesis sind es die Liedtexte, in denen es nicht nur um Liebesleid geht, und die klassisch orientierten Kompositionen, die mir diese Musik nahe bringen. Sicher spielt auch die Instrumentierung eine Rolle, bei der die Querflöte und das Mellotron  (quasi ein Geigen-Sampler aus der vor-digitalen Ära) besonders herausragen.
jojo.jpg   JojoJojo  (1988)
Jojo wurden vom österreichischen Produzenten Robby Musenbichler  gegründet. Soweit ich mich erinnere, hatten sie mit Diana sogar einen Hit. Dieses Album wurde im Tonstudio Hartmann Digital (später: Trubach Digital  ) aufgenommen und vom legendären Eddy Offord (Yes, Emerson Lake & Palmer) produziert. Vielleicht schätze ich das Album deshalb so, weil ich in dem Studio tätig war und bei jedem Titel an diese schöne Zeit erinnert werde.
Die Stücke sind hoffnungslos überproduziert – beim ersten Anhören wird man von Riffs und Toneffekten erschlagen und bekommt ein leichtes Völlegefühl. Es kam einfach alles zum Einsatz, was die Technik hergab: Fairlight CMI Sampling Keyboard  , Synthesizer, Sequencer, Digitalhall usw., und hinzu kommt das kreative und präzise Schlagzeugspiel von Curt Cress. Das Angenehme daran ist, dass man auch beim x-ten Anhören immer wieder etwas Neues entdeckt.
kick_ins.jpg   Kate BushThe Kick Inside  (1978)
Ach ja, Kate Bush, meine große Sehnsucht... (seufz) – Rückblende: Bundeswehrzeit, in einem Café in Donauwörth. Eine piepsige Stimme tönte aus der Musicbox – das musste die junge Sängerin sein, von der ich gerade gelesen hatte. Es war Wuthering Heights, ihr großer Durchbruchs-Hit aus diesem Album. Ich war spontan hingerissen von der Ausdrucksstärke dieser Musik, und kaum eine Sängerin konnte mich so für sich gewinnen.
Die Texte ihrer Stücke sind oftmals rätselhaft und interpretationsbedürftig. Es geht natürlich um Liebe und Gefühle, aber ohne unnötigen »Oh baby, I love you«-Ballast, eher wie ein Blick in ihr Tagebuch. Die (von ihr selbst stammenden) Kompositionen sind versponnen und geheimnisvoll, und sie wecken zusammen mit ihrer Stimme Nähe und Behagen bei mir. Herausragend ist das anrührende The Man With The Child In His Eyes.
neverfor.jpg   Kate BushNever For Ever  (1980)
Schon gereift und gefestigt, nahm Kate Bush zunehmend Einfluss auf die Produktion ihrer Musik, was sich in immer eigenständigerem Charakter bemerkbar machte. Auch experimentierte sie viel mit exotischen Instrumenten und Geräuscheinspielungen, stark unterstützt durch ihre Familie. Aus diesem Album war Babooshka ein Hit, aber für mich waren die versponneneren Stücke bedeutsamer: Das lyrische Delius – oder Blow Away, in dem sie an einer Stelle einen Ton singt, der enorme Macht ausdrückt – Egypt, das für mich den schönsten musikalischen Ausdruck eines Orgasmus darstellt – und Breathing, ebenfalls ein Hit und ein ausdrucksstarkes Fanal gegen die Atombombe.
sensual.jpg   Kate BushThe Sensual World  (1989)
Kate Bushs Musik war immer sehr feminin, aber auf diesem Album findet dies einen Höhepunkt: Das Titelstück The Sensual World spielt mit erotischen Andeutungen, Deeper Understanding warnt vor der zunehmenden sozialen Entfremdung durch die Computertechnik und Between A Man And A Woman beschreibt die Beziehungskonflikte. Herausragend auch This Woman's Work, das mir oftmals in ausweglos erscheinenden Situationen Kraft gab. Erwähnenswert ist die Mitwirkung des Bassisten Eberhard Weber und des Trio Bulgarka mit seiner eigenartigen Gesangsharmonik.
aerial.jpg   Kate BushAerial  (2005)
Vor diesem Doppelalbum machte Kate Bush eine künstlerische Schaffenspause von zwölf Jahren. Man merkt an den Liedtexten auf der ersten CD, dass sich ihr Blickwinkel nun vor allem auf Heim und Haus erstreckt: das Kind Bertie, der kleine Sonnenschein – ein Loblied auf die brave Waschmaschine, Mrs. Bertoluzzi – der Coral Room als Heimstatt für verstorbene Seelen. Aber auch philosophische Themen sind dabei: eine Anleitung zum unsichtbar werden, ein zahlenverliebter Mathematiker, die mystische Jeanne d'Arc. Die zweite CD ist dann ein Konzeptalbum und thematisiert die Natur und das Schaffen des Menschen zwischen Handwerk und Kunst. Hier finde ich die Verbindung echter und imitierter Vogelstimmen besonders gelungen. Lustigerweise hatte ich selbst schon früher die Idee, Derartiges zu komponieren – ist das etwa Gedankenübertragung?
Kate hat sich für dieses Album viel Zeit genommen, und diese Zeit sollte sich auch der Zuhörer nehmen. Dann wird ihm auffallen, dass die Musik fast wie selbstverständlich dort anknüpft, wo Kate vor der Pause aufgehört hat, als hätte sich nichts geändert. Sie ist eine vertraute und willkommene Besucherin, so wie eine lange nicht gesehene Verwandte, die zu Besuch kommt und 80 Minuten wunderbare Musik mitgebracht hat. Eine zeitlose Begegnung in Raum und Zeit.
ya_pili.jpg   Khadja ninYa pili...  (1994)
Khadja nin ist Afrikanerin aus Burundi. Der Videoclip zum Titel Sambolera mayi son brachte mich zu diesem Album, das ich rundherum gelungen finde. Es ist in jeder Hinsicht sorgfältig produziert, von der Musik bis zum Begleitheft mit englischer Übersetzung der afrikanischen Liedtexte. Die Stücke befassen sich mit der Lebenssituation in Afrika und schwanken zwischen Lebensfreude und tiefer Traurigkeit. Die Abmischung ist ausgezeichnet und kann als »audiophil« bezeichnet werden. Meine Lieblingstitel sind Sambolera mayi son, Mama lusiya, Umenipa njiya und Rosy.
lake1.jpg   LakeLake  (1976)
Die deutsche Band Lake hatte ihren ersten und größten Hit mit On The Run von diesem Album. Im Grunde harmlose und tanzbare Rockmusik mit banalen Texten, aber hervorragend arrangiert und mit dem für diese Band charakteristischen mehrstimmigen Gesang. Manchmal erinnern Lake an den Art-Rock-Sound von Triumvirat, jedoch erweitert um Gitarrenbegleitung und -soli. Der Titel Time Bomb ist mein persönlicher Favorit.
Von Lake gab es noch einige weitere Alben, die manche guten Titel enthielten, aber alle Stücke folgten demselben Schema, was auf die Dauer langweilig wurde. Dennoch war auf allen Alben die Professionalität der Musiker deutlich hörbar.
martika.jpg   MartikaThe Best Of Martika  (1997)
Von Martika erfuhr ich durch den Videoclip zu Love...Thy Will Be Done, und das Best Of-Album enthält (wie zu erwarten) eine Zusammenstellung ihrer besten Titel. Sie ist keine überragende Sängerin, aber ihre Musik enthält enorm viel Seele. Manche Titel würde ich schon als Gospel einstufen, wie Spirit oder Temptation. Mir gefallen besonders die eingängigen Kompositionen und das Arrangement der Gesangsstimmen. In Safe In The Arms Of Love gibt es ein schönes Saxophonsolo, das mit der Gesangsstimme konkurriert.
Interessanterweise wird bei lautem  Anhören die Abmischung transparenter und stimmiger, und viele Details erschließen sich erst dadurch. Bei niedriger Lautstärke würde man einige Titel wohl zu Unrecht als »Gedudel« abwerten.
divincom.jpg   Milla JovovichThe Divine Comedy  (1994)
Bei dem Namen Milla Jovovich denkt man wohl am ehesten an ihre Karriere als Supermodel und Schauspielerin (Resident Evil, Das Fünfte Element). Weniger bekannt sind ihre Ambitionen als Sängerin und mit ihrer Band The Peopletree. Mit dem Lied The Gentleman Who Fell aus diesem Album landete sie sogar einen Hiterfolg; ich erinnere mich noch gut an das etwas irritierende Musikvideo in schwarz-weiß dazu.
Die Musik dieses Albums bewegt sich zwischen New Age und Folk-Pop, leicht spirituell, stellenweise vielleicht vergleichbar mit Andreas Vollenweider. Handwerklich sauber gemacht, mit natürlicher und – unter heutigem an brutale Kompression gewöhntem Hörempfinden – fast enormer Dynamik. Manche Instrumente kommen sicher aus dem Sample-Synthesizer, doch es klingt trotzdem lebendig. Millas Stimme ist übrigens ausgezeichnet und enthusiastisch, die Liedtexte sind klar verständlich; sie singt von Begebenheiten und Gefühlsempfindungen, bisweilen mit sozialkritischen Inhalten. Das Coverbild ist erstaunlich freizügig und von Milla selbst gestaltet.
Eine Beschreibung in englischer Sprache hierzu gibt es auf Millas Homepage  .
mrmister.jpg   Mr. MisterWelcome To The Real World  (1985)
Dieses Album war mein Soundtrack auf dem Weg in die Selbständigkeit: »Kyrie eleison down the road that I must travel«  Diese und andere Hymnen und das geniale Broken Wings ließen mich oft neue Kraft schöpfen. Obwohl der Sound der elektronischen Simmons-Drums mit der Zeit auf die Nerven gehen kann, sind die Titel griffig arrangiert und bleiben im Ohr hängen.
Leider war Mr. Mister kein weiterer Erfolg beschieden; es drängt sich ja der Verdacht auf, dass diese Boygroup eher unter dem Aspekt der körperlichen Attraktivität und weniger unter dem des Talents zusammengestellt worden war...
theworks.jpg   Nik KershawThe Works  (1989)
Die Karriere von Nik Kershaw begann mit harmlosen Popsongs wie Wouldn't It Be Good, deren Texte immer schon etwas mehr Anspruch aufwiesen als andere Hits. Auf diesem Album wird er richtig tiefsinnig: One Step Ahead beschreibt die Segnungen der Ellenbogengesellschaft, One World lässt den »Eine Welt«-Gedanken aufleben und Walkabout befasst sich offenbar mit außerkörperlichen Erfahrungen. Hervorragende Musiker wie die Schlagzeuger Vinnie Colaiuto und Jeff Porcaro und dazu die exzellente Abmischung machen dieses Album immer wieder zu einem Hörvergnügen. Erwähnenswert ist auch der Einsatz der Edel-Keyboards Fairlight CMI  und Synclavier  .
darkside.jpg   Pink FloydThe Dark Side Of The Moon  (1973)
Wer kennt nicht die Stelle in Money, wo das Geld rhythmisch klimpert? Vermutlich ist es das am häufigsten verwendete Musikzitat in der Geschichte der Rockmusik. Es wäre aber ein Fehler, dieses Album nur daran zu messen – dafür sind einfach zu viele weitere legendäre Titel darauf enthalten: Breathe, On The Run, Time, Us And Them, Eclipse... eigentlich sind alle Stücke Klassiker. Wenn Pink Floyd auch viel experimentiert haben, so haben sie mit diesem Album bewiesen, dass sie auch einfach gute eingängige Rockmusik machen können.
spice.jpg   Spice GirlsSpice  (1996)
Ich bekenne es offen: ich mag die Spice Girls! Sie brachten frischen Wind in die Pop-Szene, und sie waren im Gegensatz zu anderen Girlgroups trotz ihrer Frechheiten vergleichsweise natürlich im Auftreten. Obwohl sie sich die eine oder andere Talentfrei-heit nahmen, hatten sie einige gute Hits. Auf diesem (ihrem ersten) Album finde ich eigentlich alle Titel gut; das liegt in erster Linie an den hervorragenden Instrumental-Arrangements, aber auch an der Zusammenstellung der Titelfolge. Wären die Mädels nicht so gierig gewesen, hätten sie nicht so auf den schnellen Erfolg geschielt und sich mit dem zweiten Album etwas mehr Zeit gelassen. Selbiges war bekanntermaßen ein echter Reinfall, und von da an ging's bergab. Na ja, die Trennung war ohnehin absehbar.
Nicht unerwähnt bleiben sollte der Umstand, dass ich dem schlimmsten aller realen Spice-Girls persönlich begegnen durfte – Hi Regina!
aja.jpg   Steely DanAja  (1977)
Die Titel dieses Albums vermitteln ein äußerst friedvolles Entspanntsein, ohne flach oder oberflächlich zu klingen. Im Gegenteil: Die Kompositionen haben ausgefeilte Spannungsbögen und wirken so zu keiner Zeit langweilig. Im Titelstück Aja gibt es einen ausgedehnten Mittelteil mit Soli aller Instrumente, nach dem das Stück nochmals einem Schluss-Höhepunkt zustrebt. Das exzellente Schlagzeugspiel von Steve Gadd trägt sicher auch zum Eindruck bei. Titel wie Deacon Blues, Peg oder Josie haben fast Hit-Qualitäten, ohne reißerisch zu wirken. Steely Dan bringen es fertig, etwas vom Geist alter amerikanischer Spielfilme (Trenchcoat, Schlapphut & Co.) musikalisch auszudrücken.
goucho.jpg   Steely DanGoucho  (1980)
Liegt es vielleicht am Perfektionismus von Donald Fagen und Walter Becker, oder an dem relaxten Californian Style, der in jedem Titel zu hören ist? Oder an Musiker-Größen wie Steve Gadd, Jeff Porcaro und Randy Brecker? Oder doch an den perfekt arrangierten Background Vocals? Wahrscheinlich macht es die ausgewogene Mischung von alledem, dass ich dieses Album immer wieder gern höre.
»Who is the goucho amigo?«
2nature.jpg   Steely DanTwo Against Nature  (2000)
Manche Dinge ändern sich einfach nicht. Steely Dan machten 20 Jahre Pause vor diesem Album, und doch klingt es fast selbstverständlich »wie früher«. Handwerklich erstklassig gemacht, bringen Donald Fagen und Walter Becker in vertrauter Weise intelligente und swingende Titel. Donald singt von verpassten Gelegenheiten und Anekdoten, als würde er dem Zuhörer im Plauderton Vertraulichkeiten erzählen.
Die Abmischung ist fast staubtrocken, mit Spurenelementen von Nachhall, aber ohne Schnörkel und Effekte. Man kann sich nicht vorstellen, diese Musik in einem Stadion aufgeführt zu finden, schon eher in einem kleinen intimen Club. »Zwei gegen die Naturelemente« – ob das Älterwerden gemeint ist?
luksanta.jpg   Steve Lukather & FriendsSantaMental  (2003)
Wer kein Freund von Weihnachtsliedern ist, wird seine Meinung nach dem Anhören diese Albums sicher ändern – so klingt es, wenn Steve Lukather ein paar hochkarätige (Musiker-)Freunde zur Weihnachtsmusik einlädt. Kaum zu glauben, dass man sogar aus Dauerbrennern wie Greensleeves oder Silent Night derart faszinierende Rocknummern machen kann. Zur Hölle mit Wham! und Last Christmas, wenn ich dafür Luke's Broken Heart For Christmas bekommen kann!
Kommentar von Gitarrist und Bruder Fritz: »Man möchte selbst nie mehr eine Gitarre anfassen!«  Ich setze noch eins drauf und behaupte: Man möchte auch keine Schlagzeugstöcke mehr anfassen...
seedlove.jpg   Tears For FearsThe Seeds Of Love  (1989)
Wieder einmal war es ein Videoclip, der mir dieses Album eröffnete: Woman In Chains, mit exzellentem Duettgesang von Roland Orzabal und Oleta Adams. Aber auch die anderen Titel haben eigene Qualitäten: Das swingende Badman's Song; Advice For The Young At Heart mit schönen Gesangslinien, und die lyrisch-dynamischen Stücke Swords And Knives und Year Of The Knife. Letzteres besticht durch die hervorragende Tonmischung des Ausnahmeproduzenten Bob Clearmountain.
Dies ist wieder ein typisches Beispiel für ein Album, das man laut  anhören sollte.
alienate.jpg   Thomas DolbyAliens Ate My Buick  (1988)
Der Typ hat einfach ein geniales Händchen – dieses Album ist einer meiner absoluten Favoriten. Jeder Titel sitzt perfekt, ist hochmusikalisch und exzellent produziert, und der Typ hat dann immer noch Raum, um sich über sich selbst lustig zu machen. Man nehme nur folgende Textzeilen: »Don't want your love, don't want your money, all I want is the key to your Ferrari ('cause aliens ate my Buick...)« oder »I drove all over Hollywood, looking at the stars. First I ate my Milky Way, and then I ate my Mars.« Eigentlich ist jeder weitere Kommentar überflüssig. Genialer musikalischer Höhepunkt ist eindeutig Budapest By Blimp; die Komposition ist jederzeit spannungsgeladen und vielschichtig, und sie beherrscht souverän alle Möglichkeiten tontechnischer Effekte.
Dieses Album muss man nicht nur laut  anhören, man kann es einfach nicht laut genug anhören! Es gibt immer etwas, das man vorher noch nicht herausgehört hat.
undrpink.jpg   Tori AmosUnder The Pink  (1994)
Tori Amos wird oft mit Kate Bush verglichen, und doch hinkt der Vergleich. Zwar experimentieren beide viel, aber auf völlig unterschiedliche Weise. Ähnlich sind allenfalls die versponnenen Liedtexte, die Anlass zu ausgiebiger Exegese bieten. Tori liebt ihren Bösendorfer-Flügel  ; wer sie einmal live erlebt hat, weiß, wie ernst das zu nehmen ist. Sie verschmilzt förmlich mit dem Instrument, und damit unterscheidet sie sich von Kate, die sich mehr dem Ausdruckstanz  widmet.
Die Titel dieses Albums sind nicht immer leichte Kost. Sie erfordern Bereitschaft, und wenn diese vorhanden ist, können sie viel geben. Meine Favoriten sind Pretty Good Year, Baker Baker, Cornflake Girl, Icicle und Cloud On My Tongue. Ein Zitat aus Bells For Her ist mir immer in Erinnerung: »Can't stop what's coming, can't stop what is on its way.«
seventh.jpg   TotoThe Seventh One  (1988)
Die Anzahl an Alben wie an Hits von Toto ist Legion – trotzdem ragt für mich dieses Album heraus, obwohl mit Joseph Williams nicht der charismatischste Sänger dabei ist. Es sind die Kompositionen, die wie immer erstklassigen Arrangements und die exquisite Tonmischung von der Produzenten-Koryphäe George Massenburg, die dieses Album so einzigartig machen. Meine Lieblingstitel sind Anna, Stop Loving You, Mushanga, Only The Children, Home Of The Brave und vor allem Thousand Years mit seiner feingliedrigen Percussion.
Also keineswegs das verflixte siebente Album...
exodus.jpg   UtadaExodus  (2004)
Dieses Album der japanischen Interpretin Hikaru Utada wurde im gleichen Jahr veröffentlicht wie ihr Album Ultra Blue  . Hikaru emigrierte in dem Jahr in die USA und wollte unter neuem Namen an ihre früheren Erfolge als Cubic U anknüpfen. Sie selbst bezeichnet dieses Album als experimentell und introvertiert  .
Die Musik ist stellenweise gewöhnungsbedürftig, aber insgesamt sehr ausdrucksstark. Manchmal könnte man meinen, Hikaru hätte die wunderbare Klangwelt des Moog-Synthesizers erforscht, die Klänge sind nicht immer ästhetisch. Nach mehrmaligem Anhören findet man aber eine gewisse Logik in Arrangement und Instrumentierung. Die englischen Texte sind meistenteils verständlich, was bei japanischen Interpreten keineswegs die Regel ist; sie handeln von Hikarus Wahrnehmungen in der amerikanischen Alltagswelt und von ihren Gefühlen nach dem »Exodus« aus Japan. Besonders das Titelstück Exodus '04, Hotel Lobby und Kremlin Dusk haben mich tief berührt. In Easy Breezy, einem Lied über eine oberflächliche Beziehung, singt sie die alberne Textzeile »You're easy breezy and I'm Japanese«, und in dem Musikvideo dazu lächelt sie dabei schelmisch.
Olymp der Musikalben (Teil 1)
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